Bill Gates kündigt das ‚Project Tuva‘ mit Vorlesungen des Physik-Nobelpreisträgers Richard Feynman an, um der Jugend die Wissenschaft näher zu bringen
Bill Gates kündigt das „Project Tuva“ mit Vorlesungen des Physik-Nobelpreisträgers Richard Feynman an, um der Jugend die Wissenschaft näher zu bringen
Oststeinbek, den 23. Juli 2009
Bill Gates kündigt eine neue Website mit dem Namen „Project Tuva“ in seinem Microsoft-Empire an, Hinweis auf die unerfüllte Sehnsucht des amerikanischen Nobelpreisträgers für Physik, Richard P. Feynman, in den 1980er Jahren in die damals noch sowjetische Republik Tannu-Tuva zu reisen. Siehe auch den englischsprachigen Bericht vom 17. Juli der Nachrichtenagentur „TuvaOnline“ mit dem Link http://en.tuvaonline.ru
Die neue Microsoft-Silverlight Website bietet den Besuchern sieben Original-Vorlesungen von Dr. Feynman aus dem Jahre 1964 von jeweils zwischen 45 und 60 Minuten Dauer über physikalische Gesetze und Grundsätze an, um insbesondere bei der wissensdurstigen jungen Generation das Interesse an Wissenschaft zu wecken, und speziell die Lust auf ein Physikstudium zu steigern. Wie Bill Gates in seiner Einführung sagt, haben die vorbereitenden Gespräche und Verhandlungen mit den Rechteinhabern dieser Vorlesungen viele Jahre gedauert und konnten erst jetzt abgeschlossen werden. Siehe auch: http://research.microsoft.com/apps/tools/tuva/index.html
Richard Feynman hatte 1980/81 zusammen mit seinem Freund, dem Mathematiklehrer Ralph Leighton, alles nur Erdenkliche versucht, ein Sowjetvisum zu bekommen, um dieses Land im geographischen Zentrum Asiens an der Grenze zur Mongolei besuchen zu können, denn er hatte schon als Kind in den 1930er Jahren die exotisch anmutenden Briefmarken aus Tuwa bewundert und wollte als gestandener Wissenschaftler diesen letzten „weißen Fleck“ auf seiner Reise-Landkarte mit Leben erfüllen. Einer seiner wichtigsten russischen Ansprechpartner war der schon damals weithin als Tuwa-Experte bekannt gewordene Historiker und Ethnologe Sewjan I. Weinshtein, der als der moderne Entdecker Tuwas galt und noch immer gilt. Durch dessen Bücher und Wissenschafts-Abhandlungen hatte Feynman schon viel über Tuwa erfahren und wollte seine unbändige Sehnsucht durch eine Reise nach Tuwa stillen. [Die Studien Tuwas der deutschen Ethnologen Wilhelm Radloff um 1865 und Otto Mänchen-Helfen um 1929 und anderer waren Feynman aus den Büchern Weinshteins bekannt.] So schrieb er Dr. Weinshtein auf dem Briefbogen des California Institute of Technology am 30. April 1981 einen ausführlichen Brief mit der Bitte, ihm über die Russische Akademie der Wissenschaften in Moskau bei der Beschaffung eines Visums behilflich zu sein, nachdem sein in tuwinischer Sprache verfaßter Brief an den berühmten Tuwiner Ondar Daryma zwar eine Antwort aber keine Zusage gezeitigt hatte. Aber auch Sewjan Weinshtein war es schließlich nicht möglich, den Wunsch des berühmten amerikanischen Physikers zu erfüllen. Feynman verstarb 1988, ohne das Land seiner Träume je zu Gesicht bekommen zu haben, ohne die uralte Nomadenkultur Tuwas kennengelernt zu haben und ohne seinen weltberühmten Kehlkopfsängern lauschen zu können. Sein Freund Ralph Leighton verfaßte dann sein Buch „Tuva or Bust“, in welchem er die vielfältigen Bemühungen um eine Reise nach Tuva ausführlich beschrieb, einschließlich des von Feynman und Leighton gemeinsam gegründeten Freundeskreises „Friends of Tuva“, dessen kulturelle Neuigkeiten aus und zu Tuwa nach wie vor im Netz zu finden sind.
Aber im Juni 2009 ist schließlich Feynmans Tochter Michelle erstmals nach Tuwa gereist, um sozusagen stellvertretend für ihren Vater dem tuwinischen Volk mit seiner bunten Geschichte ihre Aufwartung zu machen, dessen Ursprünge auf die Hochkultur der Skythen zurückgehen und das im Verlauf der Jahrtausende von vielen asiatischen Völkern „überrollt“ und ihre Stempel aufgedrückt bekommen hatte, einschließlich von den Horden des Mongolenführers Tschingis Khan. Michelle Feynman, die von einer Reporterin des Russischen Dienstes der BBC begleitet wurde, hat in Tuwa auch die Nachfahren jenes Ondar Daryma aufgesucht, wo sie, wie schon beim Premierminister Sholban Kara-ool, überaus herzlich aufgenommen wurde. Siehe auch den Original-Bericht unter http://en.tuvaonline.ru/2009/06/14/0921_michelle.html
Und es gibt noch eine weitere interessante Neuigkeit aus Tuwa zu vermelden: Die vielen deutschen und ausländischen Besucher der drei monumentalen Skythen-Ausstellungen 2007-2008 in Berlin, München und Hamburg werden überrascht und erfreut sein, daß das sogenannte „Tal der Könige“ und dessen Umgebung jetzt im Juli 2009 als Naturpark unter Schutz gestellt wurde. Einige der Kurgane aus der Skythenzeit wurden schon seit 1927 von russischen Archäologen (einschließlich von Sewjan Weinshtein und tuwinischen Kollegen zwischen 1951 und 1971) entdeckt und teilweise freigelegt — und seit Beginn dieses Jahrhunderts wurden mehrere im Altertum noch nicht geplünderte Großkurgane im Tal der Könige durch Dr. Hermann Parzinger vom DAI und seinen deutschen und russischen Kollegen ausgegraben, von denen der Arshan-II Kurgan u.a. mit unermeßlich wertvollen Goldschätzen aufwartete. Siehe auch den Original-Bericht unter http://en.tuvaonline.ru/2009/07/20/3540_kingvalley.html
Wer mehr über das asiatische Tuwa erfahren möchte, dem sei das wundervolle populär-wissenschaftliche Buch von 264 S. aus dem Alouette Verlag „Geheimnisvolles Tuwa ? Expeditionen in das Herz Asiens“ von Sewjan I. Weinshtein wärmstens empfohlen, dem als Bonus eine DVD mit einem 72-minütigen Dokumentarfilm über dessen jahrzehntelange Expeditionen nach und in Tuwa, sowie Fotos aus der heutigen Zeit und Kostproben des tuwinischen Kehlkopfgesangs beiliegt. Dieses Buch ist gleichzeitig das einzige zusammenfassende, autobiografische Werk des russischen Forschers, und leider auch sein letztes, denn er verstarb unerwartet in Moskau im Oktober 2008.
Der EKZ-Informationsdienst für Öffentliche Bibliotheken schreibt u.a. „…streckenweise liest sich das Buch wie ein Roman ? ein hervorragendes völkerkundliches Werk…“. Und DeutschlandRadio Kultur merkt in einer ausführlichen dramatisierten Buch-Rezension u.a. an „…fast fünfzig Jahre hat Sewjan Weinshtein die Hirtensippen Tuwas erkundet, hat den Menschen zugehört, nach archäologischen Spuren gegraben und Tagebuch geführt ? in einer Sprache von erlesener Schönheit….Er beobachtet wie ein Forscher, und er schreibt wie ein Dichter. Dieses Buch und seine DVD sind eine Offenbarung…“
Alouette Verlag
Uferstr. 41
22113 Oststeinbek
www.alouette-verlag.de=376651″ width=“1″ height=“1″>