Die Bretagne das andere Frankreich

von Tatyana Kogut

Das Wichtigste an der Bretagne ist, dass sie nicht französisch ist. Jedenfalls ist sie nicht das, was wir üblicherweise von Frankreich erwarten. Die Städte im Osten der Bretagne- Fougeres, Dinan, Saint-Malo – haben zwar Ähnlichkeit mit alten französischen Städten, wie man sie auch in Burgund oder Aquitaine finden kann, doch weiter westlich sind die Städte weniger wie gewohnt und weniger typisch. Fangen wir mit der Sprache an. Es gibt im westlichen Teil der Bretagne zwei Sprachen: Hinweise und andere Schilder sind in Französisch und Bretonisch beschriftet. Diese alte keltische Sprache hat dieselben Wurzeln wie die Sprachen auf der anderen Seite von La Manche (wie man in Frankreich den Ärmelkanal nennt) – Schottisch und Irisch. Und die Häuser sehen aus wie in Deutschland.

Die Bretagne ist die einzige französische Provinz, die keine eigene Weinsorte hat. Die Leute hier trinken keltisches Bier, welches einen besonderen Geschmack hat. Es schmeckt recht anders als tschechisches, bayrisches oder britisches Bier. Der Met hat einen Namen, den man am liebsten flüsternd aussprechen möchte: chouchen. Und der prickelnde Cidre hat einen Alkoholgehalt von 8 bis 9%. Nun ja, es gibt einen ganz guten Weißwein, der in Nantes hergestellt wird, das formal zur Bretagne gehört, aber historisch gesehen ist die Gegend keltisch. Gleichwohl schmeckt der Wein gut zu den lokalen Spezialitäten: Austern und Muscheln. Vierzehn Kilometer von Saint-Malo liegt die Austern-Hauptstadt der Welt, Cancale. Die Küste hier ist übersät mit Gasthäusern. Man könnte bis ans Ende seines Lebens hierbleiben.

Aber vergessen wir das, bis wir älter sind. Gehen wir statt dessen weiter ins Landesinnere – die wahre, keltische Bretagne. Durchqueren wir den Wald von Paimpont (auch unter dem Namen Brocéliande bekannt), der erfüllt ist von Geschichten über den heiligen Gral, über Arthurs Ritter der Tafelrunde und den Zauberer Merlin. Beispielsweise könnten Sie Ausschau halten nach interessanten Kruzifixen an den Straßen. Diese sind etwas typisch Bretonisches. Viele dieser Kruzifixe aus Granit stehen in der Nähe der Kirchen, und manchmal bilden sie Kompositionen mehrerer Figuren mit bis zu 200 steinernen Objekten.

Wenn Sie sich in der Bretagne aufhalten, fällt es schwer, die Vorstellung loszuwerden, dass diese zutiefst christlichen Skulpturen die Nachfahren der heidnischen Megalithen aus alten Zeiten sind – Anlagen von Steinen, die vor 4-5 Jahrtausenden errichtet wurden. Die Wissenschaftler streiten sich noch immer über ihre Bedeutung, aber ziemlich sicher ist, dass sie keinen praktischen Sinn hatten, sondern als religiöse Objekte errichtet wurden. Megalithen kann man überall in Europa finden, aber ein großer Teil von ihnen befindet sich in der Bretagne (Carnac, eine kleine Stadt im Süden der Provinz, hat lange Reihen solcher Steine). Hier kann man wie nirgendwo sonst die Verbundenheit mit alten Zeiten fühlen.

Der Gedanke, dass die Bretagne am äußersten Rand von Europa liegt, lässt einen aufgeregt werden. Es überrascht nicht, dass die mutigsten Korsaren aus der Bretagne stammten. Es gibt sogar zwei Denkmäler für sie, die sich unweit von Saint-Malo befinden: eines für einen gewissen Robert Surcouf, während das andere an René Duguay-Trouin erinnert. 1534 segelte der berühmte Entdecker Jacques Cartier von der Küste der Bretagne los, um den Sankt-Lorenz-Strom zu entdecken, den er Canada nannte. Obwohl es sein Ziel war, Asien zu erreichen. Etwas ganz Ähnliches passierte Columbus, aber das ist eine andere Geschichte…

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Deutsch von Claudia Frischauf

Erleben Sie die Bretagne aus der Vogelperspektive